Fälligkeitserfordernis bei wiederkehrenden Leistungen

Die zeitliche Zuordnung steuerrelevanter Sachverhalte werden bei Überschusseinkünften sowie Gewinneinkünften mit einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung nach dem sog. Zufluss-/Abflussprinzip vorgenommen. Davon ausgenommen sind regelmäßig wiederkehrende Einnahmen und Ausgaben, die kurze Zeit vor oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres zufließen (sog. 10-Tages Zeitraum). Der BFH entschied nun erstmals in seinem Urteil vom 16.02.2022 (Az. X R 2/21), dass es für die wirtschaftliche Zugehörigkeit der Leistung neben der Zahlung auch auf die Fälligkeit in diesem Zeitraum ankommt.

Im Streitfall ermittelte der Steuerpflichtige seinen Gewinn durch eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung. Die Umsatzsteuervorauszahlungen für die Monate Mai bis Juli 2017 leistete er erst verspätet am 09.01.2018 und machte die Zahlung als Betriebsausgabe für 2017 geltend. Das Finanzamt verweigerte den Abzug, da die Voraussetzungen für eine abweichende zeitliche Zuordnung nicht vorlagen (§ 11 Abs. 2 S. 2 i.V.m. § 11 Abs. 1 S. 2 EStG). Der BFH teilte diese Auffassung.

Nach ständiger Rechtsprechung handelt es sich bei der Umsatzsteuervorauszahlung üblicherweise um eine wiederkehrende Ausgabe. Zwar gehörten die Vorauszahlungen wirtschaftlich ins Jahr 2017 und der Steuerpflichtige zahlte sie auch innerhalb kurzer Zeit nach dem 31.12.2017. Allerdings waren die Umsatzsteuervorauszahlungen nicht kurze Zeit vor bzw. nach der Jahreswende 2017/2018, sondern weitaus früher fällig.

Nach der Begründung des BFH sollen mit dem eng begrenzten Anwendungsbereich steuerliche Zufälligkeiten vermieden werden. Dies ergibt sich zwar nicht aus dem Wortlaut der Regelung, muss jedoch aus dem Gesetzeszweck abgeleitet werden. Andernfalls könnten Nachzahlungen für bereits längst fällig gewordene Verpflichtungen zu einem vom Zeitpunkt der Zahlung unabhängigen Betriebsausgabenabzug führen. Eine solche Handhabung widerspräche dem grundsätzlich für die Einnahmen-Überschuss-Rechnung geltenden Prinzip der Kassenrechnung. Würde man auf das Fälligkeitskriterium verzichten, entspräche diese Handhabung den Grundsätzen eines Betriebsvermögensvergleichs. Dementsprechend ist es notwendig, dass die Zahlung auch innerhalb des 10-Tages Zeitraums vor oder nach Ende des Kalenderjahres der wirtschaftlichen Zugehörigkeit fällig geworden ist.

Hinweis:

Mit Urteil vom 18.06.2018 (Az. X R 44/16) hatte der BFH bereits entschieden, dass es bei der Ermittlung der Fälligkeit für den 10-Tages-Zeitraum allein auf die gesetzliche Fälligkeit ankommt. Eventuelle Verlängerungen nach § 108 Abs. 3 AO, z.B. für die Umsatzsteuervorauszahlungen, sind unbeachtlich. Allerdings ist derzeit noch ein Verfahren (Az. VIII R 25/20) anhängig, das die Problematik der Fälligkeit im Zusammenhang mit einer Dauerfristverlängerung zum Gegenstand hat.