Taxifahrten zwischen Wohnung und Arbeitsplatz nur mit Entfernungspauschale absetzbar

Die arbeitstäglichen Aufwendungen eines Arbeitnehmers für Wege zwischen Wohnung und Arbeitsplatz sind grundsätzlich pauschal für jeden vollen Entfernungskilometer anzusetzen, und zwar unabhängig davon, welches Verkehrsmittel genutzt wird. Derzeit ist für die ersten 20 Entfernungskilometer ein Wert i.H.v. EUR 0,30 und ab dem 21. Entfernungskilometer ein Wert i.H.v. EUR 0,35 (Veranlagungszeitraum 2021) bzw. i.H.v. EUR 0,38 (Veranlagungszeiträume 2022 bis 2026) vorgesehen. Im Rahmen dieser sog. Entfernungspauschale sind sämtliche Aufwendungen des Arbeitnehmers für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsplatz abgegolten. Eine Ausnahme gilt allerdings bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel. In diesem Fall darf der Arbeitnehmer anstatt der Entfernungspauschale auch höhere tatsächliche Kosten ansetzen. Zur Rechtsfrage, ob es sich bei einem Taxi um ein solch begünstigtes öffentliches Verkehrsmittel handelt, hat sich der BFH in seinem Urteil vom 09.06.2022 (Az. VI R 26/20) positioniert.

Im Streitfall konnte ein Arbeitnehmer mit einem Behinderungsgrad von 60 % ohne besondere Merkzeichen nicht selbst einen PKW sicher führen und legte daher die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsplatz mit einem Taxi zurück. Die ihm dafür tatsächlich entstandenen Kosten machte er bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit mindernd geltend. Das Finanzamt erkannte lediglich Aufwendungen in Höhe der Entfernungspauschale als Werbungskosten an, was der BFH letztlich bestätigte.

Der Begriff des öffentlichen Verkehrsmittels wird im Einkommensteuergesetz zwar nicht definiert. Insbesondere aus den der Entfernungspauschale zugrundeliegenden umwelt- und verkehrspolitischen Gründen ergibt sich aber, dass hierunter lediglich öffentliche Verkehrsmittel im Linienverkehr und nicht auch allgemein der Öffentlichkeit zur Verfügung stehende Verkehrsmittel wie beispielsweise Taxen fallen. Denn im öffentlichen Personennahverkehr wird typischerweise eine Vielzahl von Fahrgästen gleichzeitig und ohne Gestaltungsmöglichkeit des Fahrtablaufs fahrplanmäßig befördert. Hingegen wird bei Nutzung eines Taxis der Fahrtablauf individuell gestaltet, d.h. Fahrtzeit und -ziel sind frei bestimmbar, und häufig wird – wie im Streitfall – lediglich ein Einzelfahrgast befördert. Die Fahrtkosten bei der Nutzung eines Taxis werden daher genauso behandelt wie Fahrtkosten für die Nutzung eines eigenen PKW; sie sind lediglich in Höhe der Entfernungspauschale und nicht mit den tatsächlich höheren Kosten ansetzbar. Ein Taxi ist zudem auch nicht im gleichen Maße zur Förderung von umwelt- und verkehrspolitischen Zielen wie die Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln im Linienverkehr geeignet.

Dass der Arbeitnehmer im Streitfall nicht selbst einen PKW sicher führen konnte und deshalb die Nutzung eines Taxis für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsplatz gewählt hatte, ist bei einem Behinderungsgrad von 60 % ohne weitere amtliche Nachweise über eine erhebliche Beeinträchtigung in der Bewegungsfreiheit im Straßenverkehr nicht ausreichend belegt. Eine derartige Beeinträchtigung wird erst bei einem Behinderungsgrad von mindestens 70 % unterstellt. Die gesetzlich vorgesehene Möglichkeit für Menschen mit Behinderung, die tatsächlichen Aufwendungen – und damit auch Taxikosten – für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsplatz als Werbungskosten anzusetzen, ist daher im Streitfall nicht gegeben.

Hinweis:

Der BFH entschied die seit Langem bestehende Rechtsfrage, ob ein Taxi ein begünstigtes öffentliches Verkehrsmittel ist, im Sinne der umwelt- und verkehrspolitischen Zielsetzung, den öffentlichen Personennahverkehr – d.h. insbesondere Bahn, Bus, Schiff und Fähre – zu fördern. Daher ist das Besprechungsurteil systemgerecht. Vor dem Hintergrund, dass der Gesetzgeber Menschen mit Behinderung bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen besonders schützt, kommt es auch nicht zu einer behinderungsbedingten Benachteiligung.