Keine Einkommensteuer auf Veräußerungsgewinn für häusliches Arbeitszimmer

Realisierte Wertsteigerungen von im Privatvermögen gehaltenen Grundstücken und Gebäuden werden grundsätzlich im Rahmen sog. privater Veräußerungsgeschäfte (§ 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 EStG) besteuert, wenn bei ihnen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt. Die Veräußerung einer den eigenen Wohnzwecken dienende Immobilie stellt hingegen kein steuerbares privates Veräußerungsgeschäft dar. Die letztlich für die steuerliche Behandlung eines (anteiligen) Gewinns aus der Veräußerung von selbstgenutztem Wohneigentum relevante Frage, ob ein im Rahmen einer nichtselbständigen Tätigkeit als häusliches Arbeitszimmer genutzter Raum eigenen Wohnzwecken dient, klärt der BFH in seinem Urteil vom 01.03.2021 (Az. IX R 27/19).

Im Streitfall erwarb eine Lehrerin im Jahr 2012 eine Eigentumswohnung. Für das von ihr darin eingerichtete häusliche Arbeitszimmer setzte sie bei Ermittlung ihrer Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit jährlich Werbungskosten an. Nach gut fünfjähriger Eigennutzung veräußerte sie die Wohnung im Jahr 2017. Das Finanzamt berücksichtigte in der Einkommensteuerveranlagung 2017 unter Anwendung des BMF-Schreibens vom 05.10.2000 einen anteilig auf das häusliche Arbeitszimmer entfallenden Gewinn aus privaten Veräußerungsgeschäften. Das sahen das erstinstanzliche Finanzgericht und der BFH anders.

Mit der Veräußerung der Eigentumswohnung innerhalb des Zehnjahreszeitraums wird grundsätzlich ein steuerpflichtiges privates Veräußerungsgeschäft ausgelöst. Allerdings greift die Ausnahmeregelung für die Veräußerung einer zu eigenen Wohnzwecken genutzten Immobilie. Dies ist dann der Fall, wenn eine Immobilie zum Bewohnen geeignet ist und diese auch tatsächlich vom Steuerpflichtigen bewohnt wird. Nach Auffassung des BFH liegt eine solche Nutzung zu eigenen Wohnzwecken auch hinsichtlich eines in der im Übrigen selbst bewohnten Eigentumswohnung belegenen häuslichen Arbeitszimmers vor; denn eine entsprechende private Mitbenutzung des häuslichen Arbeitszimmers ist nicht überprüfbar und kann daher auch nicht vollständig ausgeschlossen werden.

Hierbei ist auch zu beachten, dass es für die Anerkennung eines häuslichen Arbeitszimmers nach der BFH-Rechtsprechung ausreicht, wenn der entsprechende Raum nahezu ausschließlich für betriebliche oder berufliche Zwecke genutzt wird; es verbleibt also für ein in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebundenes Arbeitszimmer regelmäßig eine zumindest geringfügige Nutzung zu eigenen Wohnzwecken. Der Umfang dieser privaten Mitbenutzung ist mangels einer gesetzlichen Regelung für Bagatellfälle zudem unerheblich. Dem entsprechend genügt bereits – wie im vorliegenden Streitfall – eine geringe Nutzung zu eigenen Wohnzwecken, um typisierend davon auszugehen, dass ein häusliches Arbeitszimmer stets auch zu eigenen Wohnzwecken im Sinne der Norm genutzt wird. Infolgedessen ist der Gewinn aus der Veräußerung der Eigentumswohnung auch nicht anteilig – also soweit er auf den Bereich des häuslichen Arbeitszimmers entfällt – als steuerbares privates Veräußerungsgeschäft zu berücksichtigen.

Hinweis:

Mit dem nunmehr ergangenen BFH-Urteil erübrigt sich auf Ebene der Überschusseinkunftsarten (u.a. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit) die Abwägung, ob es steuerlich günstiger ist, auf die Abzugsmöglichkeit des häuslichen Arbeitszimmers zu verzichten, um einen Gewinn aus der Veräußerung einer selbstgenutzten Eigentumswohnung innerhalb der zehnjährigen Haltefrist zu vermeiden. Im Rahmen der Gewinneinkunftsarten (v.a. Einkünfte aus gewerblicher oder selbständiger Tätigkeit) kann das Arbeitszimmer hingegen nach wie vor zum Betriebsvermögen gehören; eine Wertsteigerung ist dann bei Entnahme oder Veräußerung gewinnerhöhend zu erfassen.