Reform der Grunderwerbsteuer – Verschärfung für die sog. Share-Deals

Bereits im Frühjahr 2019 wurde der erste Gesetzentwurf zur Reform der Grunderwerbsteuer (GrESt) vorgestellt, der vor allem im Zusammenhang mit Anteilserwerben an grundbesitzenden Gesellschaften – sog. Share-Deals – größere Veränderungen bedeutet. Nach einem etwas angepassten Entwurf aus Herbst 2019 ruhte das Gesetzgebungsverfahren mangels politischer Einigung und verfassungsrechtlicher Fragen allerdings. Nunmehr haben Bundestag und Bundesrat aber den Reformvorschlag beschlossen, der aber kein neues Modell aufweist oder Personen- und Kapitalgesellschaften gleichstellt, sondern den bisherigen Gesetzentwurf an einigen Stellen modifiziert. Die Neuregelung wurde am 27.5.2021 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht und tritt schon im Juli dieses Jahres in Kraft.

Nunmehr geplante Änderungen im Überblick

  • Ein Ergänzungstatbestand für Kapitalgesellschaften (§ 1 Abs. 2b GrEStG) sowie eine Börsenklausel (§ 1 Abs. 2c GrEStG) sollen neu geschaffen werden.
  • Die Schwellenwerte bei Anteilsübertragungen grundbesitzender Gesellschaften sollen in allen GrESt-Tatbeständen (§ 1 Abs. 2a, Abs. 3, Abs. 3a und der neue § 1 Abs. 2b GrEStG) auf 90% gesenkt werden. Ausgenommen ist lediglich das Konzernprivileg des § 6a GrEStG.
  • Die Haltefristen werden auf 10 Jahre verlängert. Dies betrifft im Wesentlichen die Anteilsvereinigungen nach §§ 1 Abs. 2a und Abs. 2b (neu) GrEStG sowie die Befreiungsvorschriften der §§ 5 und 6 GrEStG, nicht jedoch die Konzernklausel des § 6a GrEStG.

Neuer Ergänzungstatbestand für Kapitalgesellschaften (§ 1 Abs. 2b GrEStG)

Als Kern des reformierten Rechts soll in Anlehnung an die derzeitige Rechtslage bei Personengesellschaften (§ 1 Abs. 2a GrEStG) nicht nur die Anteilsvereinigung von mehr als 90 % in einer Hand, sondern auch die unmittelbare oder mittelbare Veränderung des Gesellschafterbestandes einer Kapitalgesellschaft mit inländischem Grundbesitz in Höhe von mindestens 90 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren ein auf die Übereignung eines Grundstücks gerichtetes Rechtsgeschäft darstellen. Ein einzelner Gesellschafter muss keine bestimmte Beteiligungshöhe überschreiten. Wie bei den Personengesellschaften gilt die Regelung damit nur für Neugesellschafter, d.h. Anteilsübertragungen zwischen sog. Altgesellschaftern bleiben für die 90%-Schwelle unbeachtlich, lösen allerdings eine neue zu überwachende 10-Jahres-Frist aus.

Ein sofortiger steuerfreier Erwerb aller Anteile unter Beteiligung eines Mit-Investors ist zukünftig bei Kapitalgesellschaften nicht mehr möglich. Auch für diese Fälle des neuen § 1 Abs. 2b GrEStG gilt jedoch die Konzernklausel (§ 6a GrEStG). Die Steuerbefreiungen nach §§ 5, 6 GrEStG sind jedoch weiterhin nur für Personengesellschaften anwendbar.

Die Grunderwerbsteuer entsteht beim Tatbestand des § 1 Abs. 2b GrEStG erst bei Vollzug des Anteilsübergangs, nicht also bereits beim Abschluss des Anteilskaufvertrags. Steuerschuldner sind nicht die Anteilsinhaber bzw. Erwerber, sondern die immobilienbesitzende Kapitalgesellschaft. Damit einher geht zukünftig eine erhöhte Aufklärungs- und ggf. Anzeigepflicht der Geschäftsführung der Immobilien haltenden Kapitalgesellschaft, wenn ihr Anteilsübergänge an der Gesellschaft – auch mittelbar in der „darüberliegenden“ Konzernstruktur – bekannt werden.

Schaffung einer Börsenklausel

Im Zusammenhang mit dem ursprünglichen Gesetzentwurf waren Bedenken aufgekommen, dass durch den neuen Tatbestand bei Kapitalgesellschaften zukünftig durch direkte und indirekte Anteilsübergänge an börsennotierten Unternehmen unkontrollierbar Grunderwerbsteuer ausgelöst werden würde. Dem beugt die sog. Börsenklausel des § 1 Abs. 2c GrEStG nun vor. Danach werden an bestimmten Börsen gelistete und gehandelte Aktien für die 90%-Schwelle nicht berücksichtigt. Da dies zudem sowohl für Kapitalgesellschaften als auch für Personengesellschaften (bei mittelbaren Anteilsbewegungen) gelten soll, besteht bei Immobilien-Personengesellschaften innerhalb eines börsennotierten Konzerns zukünftig wohl kein grunderwerbsteuerliches Hemmnis für dessen Übernahme mehr.

Diese Börsenklausel stellt zwar eine akzeptable Regelung für börsennotierte Unternehmen dar. Für die „einfachen“ GmbHs ist sie hingegen nicht vorgesehen. Mittelbare Anteilsübergänge können daher für die Immobilien-Tochtergesellschaft eines nicht börsennotierten Unternehmens wiederholt und übermäßig GrESt-Tatbestände auslösen, während die Immobilientochter eines börsennotierten Unternehmens durch die Börsenklausel begünstigt ist. Eine Rechtfertigung dieser Ungleichbehandlung wird erschwert dadurch, dass nach Ansicht der Finanzverwaltung für „mittelbare“ Anteilsübergänge beim Ersatztatbestand des § 1 Abs. 2a GrEStG (und damit wohl auch bei § 1 Abs. 2b GrEStG) keine 10-Jahres-Frist gilt.

Hinweis:

Ebenfalls fehlt eine Ausnahme für operative Kapitalgesellschaften, bei denen zwar Grundbesitz vorhanden ist, dieser aber nicht das Wesen der Gesellschaft ausmacht. Hier kann der neue Ergänzungstatbestand des § 1 Abs. 2b GrEStG zum sinnwidrigen Anfall von Grunderwerbsteuer bei Übertragung der GmbH auf die nächste Generation führen. Denn die Befreiungen der §§ 5 und 6 GrEStG sind insoweit nicht anwendbar und die personenbezogenen Befreiungen sind bei der fiktiven Übertragung der Kapitalgesellschaft auf eine „neue“ Kapitalgesellschaft zumindest zweifelhaft.

 

Verlängerung der Fristen von 5 auf 10 Jahre

Die derzeitigen Fünfjahresfristen (z.B. des § 1 Abs. 2a GrEStG oder § 1 Abs. 3 GrEStG sowie in den §§ 5 und 6 GrEStG) wird auf zehn Jahre verlängert. Im neuen § 2b GrEStG ist diese Frist bereits so eingearbeitet. Ausgenommen bleibt lediglich das Konzernprivileg des § 6a GrEStG.

Für Personengesellschaften wird die Haltefrist sogar auf 15 Jahre verlängert, wenn der ausstehende Anteil an einer Immobilien-Personengesellschaft unter Anwendung einer Befreiung (§ 6 GrEStG) durch den/die anderen Gesellschafter steueroptimal erworben werden soll.

 

Übergangsregelungen

Die Neuregelungen gelten ab dem 01.07.2021.

Wie auch der bisherige Gesetzentwurf vorsah, gilt die Altregelung in den Fällen weiter, in denen nach einem Erwerb von mindestens 90 %, aber weniger als 95 % in der Vergangenheit, der nach altem Recht nicht steuerbar war, die Anteile aufgestockt werden. Damit werden auch Hinzuerwerbe von Anteilen erfasst, die nach der Neuregelung nicht mehr steuerbar wären, weil die Beteiligungsgrenzen bereits vor dem Hinzuerwerb überschritten war. Für diese Fälle bedeutet dies eine ewige Überwachungsfrist zukünftiger Anteilsübergänge.

Für Personengesellschaften gilt Vertrauensschutz, wenn die bisherige 5-Jahres-Frist bei Inkrafttreten des Gesetzes schon abgelaufen war.

Für den neuen Ergänzungstatbestand des § 1 Abs. 2b GrEStG soll eine spezielle Übergangsregelung gelten. Vor dem 01.07.2021 bereits übertragene Anteile werden für die § 1 Abs. 2b GrEStG-Schwelle nicht mitgerechnet. Dies gilt gleichermaßen für unmittelbare wie mittelbare Anteilsübertragungen an Kapitalgesellschaften.

Andererseits entfällt der im bisherigen Entwurf vorgesehene Vertrauensschutz für Verpflichtungsgeschäfte, die innerhalb eines Jahres vor Inkrafttreten der Reform abgeschlossen wurden. Damit dürften vor dem 01.07.2021 abgeschlossene, aber erst nach dem 01.07.2021 dinglich vollzogene Anteilsübertragungen nach den neuen Regelungen steuerbar sein.

 

Abzug nicht verbrauchter Erhaltungsaufwendungen

Grundsätzlich sind Erhaltungsaufwendungen für Vermietungsobjekte in dem Veranlagungszeitraum abzuziehen, in dem sie geleistet wurden. Beträchtliche Aufwendungen für die Erhaltung von nicht zu einem Betriebsvermögen gehörenden und überwiegend Wohnzwecken dienenden Gebäuden können nach einer Sondervorschrift (§ 82b EStDV) auf einen zwei- bis fünfjährigen Zeitraum gleichmäßig verteilt werden. Wird das Gebäude während des Verteilungszeitraums beispielsweise veräußert, ist der noch nicht verbrauchte Teil des Erhaltungsaufwands im Jahr der Veräußerung als Werbungskosten vollständig anzusetzen.

Streitig ist, ob diese Regelung analog auf Erbfälle übertragen werden kann und damit die noch nicht berücksichtigten Erhaltungsaufwendungen zum Todeszeitpunkt in einer Summe beim Erblasser abziehbar sind. Nach bisheriger Auffassung der Finanzverwaltung ist der Verteilungszeitraum hingegen bei der Erbengemeinschaft fortzuführen. In seinem aktuellen Urteil vom 10.11.2020 (Az. IX R 31/19) positioniert sich der BFH.

Im Streitfall war der Erblasser Eigentümer eines von ihm vermieteten Zweifamilienhauses. Für seine Erhaltungsaufwendungen der Jahre 2012 bis 2015 hatte er jeweils die Verteilung auf fünf Jahre nach § 82b EStDV gewählt. Im Januar 2016 ging das Grundstück im Erbwege auf eine Erbengemeinschaft über, an der auch die Witwe des Erblassers beteiligt war; zu diesem Zeitpunkt waren rund EUR 30.000 der Erhaltungsaufwendungen noch nicht steuerlich verbraucht. Im Rahmen der für den Erblasser zu erstellenden Einkommensteuererklärung 2016 wurden diese verbliebenen Erhaltungsaufwendungen in einer Summe als Werbungskosten geltend gemacht. Das Finanzamt berücksichtigte hingegen lediglich den auf Januar 2016 entfallenden Anteil; der darüber hinaus gehende Restbetrag sei bei der Erbengemeinschaft fortzuführen und im Rahmen derer Feststellungserklärung anzusetzen.

Dies sahen zunächst das FG und dann der BFH jedoch anders. Nach Auffassung des BFH sind die steuerlich noch nicht verbrauchten Erhaltungsaufwendungen im Veranlagungsjahr des Versterbens in vollem Umfang bei den Vermietungseinkünften des Erblassers zu berücksichtigen. Entgegen der Sichtweise des Finanzamts gehen die noch vom Erblasser getragenen Erhaltungsaufwendungen nicht auf seine Erben als Gesamtrechtsnachfolger über und sind daher weder bei diesen fortzuführen noch abziehbar. Hierbei ist einzubeziehen, dass die Einkommensteuer als Personensteuer ausgestaltet ist und die vom Steuerpflichtigen getragenen Aufwendungen nur den von ihm erzielten Einkünften zuzurechnen sind, da sie dessen persönliche Leistungsfähigkeit auch gemindert hatten.

Darüber hinaus ist die steuerliche Situation im Todesfall mit den übrigen ausdrücklich im Gesetz genannten Fällen, wie beispielsweise mit einer Veräußerung des Gebäudes, vergleichbar. Aus dem Fehlen einer expliziten Regelung kann man daher nicht schließen, dass ein voller Sofortabzug der noch nicht verbrauchten Erhaltungsaufwendungen im Todesjahr, das analog zum Veräußerungsjahr stehen dürfte, ausgeschlossen ist; immerhin ist beiden Fällen gemeinsam, dass eine weitere Erzielung von Vermietungseinkünften anschließend in der Person des Steuerpflichtigen nicht mehr möglich ist.

Im Ergebnis bekräftigt der BFH, dass es für den Übergang des nicht berücksichtigten Teils der vom Erblasser getragenen Erhaltungsaufwendungen auf die Erbengemeinschaft keine gesetzliche Grundlage gibt und daher entsprechende Aufwendungen spätestens im Todesjahr des Erblassers abziehbar sind. Ergänzend ist festzuhalten, dass der BFH im Jahr 2008 seine Rechtsprechung zur Vererblichkeit des Verlustvortrages geändert hat. Ein beim Erblasser bestehender Verlustvortrag kann seitdem nicht mehr von den Erben genutzt werden. Insofern ist nach Auffassung des BFH auch der Rechtsgrund für die Verwaltungsauffassung entfallen, nach der die Erben die noch nicht verbrauchten Erhaltungsaufwendungen geltend machen können.

Hinweis:

Welche der beiden Rechtsfolgen – Sofortabzug im Todesjahr oder Fortführung bei der Erbengemeinschaft – steuerlich günstiger ist, hängt von der jeweiligen Einkünftesituation bei Erblasser und Erben ab: Liegen die Einkünfte des Erblassers deutlich über jenen der Erben, kann sich der Abzug der noch nicht verbrauchten Erhaltungsaufwendungen im Todesjahr des Erblassers als vorteilhaft erweisen. Liegen die Einkünfte der Erben hingegen deutlich über jenen des Erblassers, wird die Fortführung des Verteilungszeitraums die bevorzugte Möglichkeit sein. Derzeit ist unklar, ob die Finanzverwaltung an ihrer bisherigen Auffassung festhalten oder sich der Sichtweise des BFH anschließen wird.