Hinzurechnung von Zinsen bei durchlaufenden Krediten?

Bis einschließlich Erhebungszeitraum 2007 setzte die gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Zinsen voraus, dass Dauerschulden vorlagen. Dies war bei durchlaufenden Krediten nicht der Fall. Mit der seit 2008 geltenden Regelung fiel das Kriterium der Dauerschulden weg, so dass Zinsen auch bei durchlaufenden Krediten nach Auffassung der Finanzverwaltung (Ländererlass vom 02.07.2012, Tz. 11) der Hinzurechnung unterliegen.

Nunmehr hatte der BFH in einem Revisionsverfahren (Az. III R 24/16) über die Klage eines Unternehmens zu entscheiden, das Darlehen aufgenommen und an eine Tochtergesellschaft weitergereicht hatte, die damit die Anschaffung eines Schiffes finanzierte. Unter Hinweis auf die bisherige Rechtsprechung zu durchlaufenden Krediten – allerdings zur alten Rechtslage – hatte das Unternehmen die vom Finanzamt vorgenommene Hinzurechnung der geleisteten Darlehenszinsen angegriffen. Mit Urteil vom 17.07.2019 entschied der BFH diese Frage aber wiederum nicht, da er im konkreten Fall die Voraussetzung der durchlaufenden Kredite an sich ablehnte.

Wenn der Geschäftszweck eines Unternehmens darin besteht, Darlehen aufzunehmen und an eine Tochtergesellschaft weiterzureichen, handelt es sich nicht um durchlaufende Kredite im Sinne der bisherigen Rechtsprechung. Dies gilt auch, wenn die Kredite ohne Gewinnaufschlag an die Tochtergesellschaft weitergegeben werden.

Durchlaufende Kredite in diesem Sinne liegen nur vor, wenn sie zu einem außerhalb des Betriebs des Darlehensnehmers liegenden Zweck verwendet werden. Jener muss demnach den Kredit nicht im eigenen, sondern im fremden Interesse aufgenommen haben. Wird gegenüber dem Darlehensgeber offengelegt, dass die Darlehensaufnahme für Rechnung eines Dritten erfolgt, spricht dies für eine Kreditaufnahme im fremden Interesse; dagegen spricht, wenn der Darlehensnehmer – wie im Streitfall – die Kredite bilanziert und die entsprechenden Zinsen selbst als Aufwand verbucht.

Ferner bestand der betriebliche Zweck der Muttergesellschaft gerade darin, Darlehen aufzunehmen und an ihre Tochtergesellschaft weiterzureichen. Mit der Weiterreichung von Darlehen verfolgte sie damit nicht nur ein fremdes Interesse, sondern erfüllte zugleich ihren eigenen Geschäftszweck.

Zudem hielt sie sämtliche Anteile an ihrer Tochtergesellschaft. Mit der zweckentsprechenden Verwendung des Darlehens, d. h. dem fremdfinanzierten Erwerb des Schiffes, wurde nicht nur das Betriebsvermögen der Tochtergesellschaft gemehrt, sondern auch der Wert der gehaltenen Anteile erhöht. Da die Zwischenschaltung der Muttergesellschaft auf einem Verlangen des Kreditinstituts und damit auf kredittechnischen Gründen beruhte, verfolgte sie zudem auch den eigenen Zweck, dadurch eine Kreditfinanzierung des Schiffes überhaupt erst zu ermöglichen.

Eine Saldierung von Zinsaufwendungen und Zinserträgen im Zusammenhang mit den aufgenommenen und weitergereichten Darlehen lehnte der BFH im Streitfall ausdrücklich ab. Grundsätzlich ist im Rahmen der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung jedes Schuldverhältnis für sich zu betrachten und eine Zusammenfassung mehrerer Schuldverhältnisse nicht möglich. Die von der Rechtsprechung zugelassenen Ausnahmen (mehrere bei einem Kreditgeber unterhaltene Konten oder wechselseitig zwischen zwei Personen gegebene Darlehen, wenn die Darlehensverhältnisse gleichartig sind, derselben Zweckbestimmung dienen und regelmäßig tatsächlich miteinander verrechnet werden) lagen im Streitfall nicht vor.

Hinweis:

Da der BFH im entschiedenen Fall bereits „durchlaufende Kredite“ an sich ablehnt, bleiben die Fragen der gewerbesteuerlichen Behandlung darauf entfallender Zinsen weiterhin offen. Dies betrifft sowohl die Hinzurechnung selbst, aber auch die ausnahmsweise Verrechnung von Zinsaufwendungen und -erträgen in diesen Sonderfällen.