Zur unverhältnismäßigen Geschäftsführervergütung bei gemeinnützigen Einrichtungen

Im Rahmen der mit § 55 AO vorgeschriebenen Selbstlosigkeit dürfen gemeinnützige Einrichtungen keine Personen durch unverhältnismäßig hohe Vergütungen begünstigen. Wie die maßgebliche Höhe der Vergütungen und die Unverhältnismäßigkeit zu berechnen sind, entschied der BFH mit Urteil vom 12.03.2020 (Az. V R 5/17).

Der Geschäftsführer einer in der psychiatrischen Arbeit engagierten gGmbH übte daneben auch die Geschäftsführertätigkeit in zwei Vereinen und einer weiteren GmbH aus. Neben dem Grundgehalt, einer Leistungsvergütung und der Gestellung eines Firmenfahrzeugs übernahm die gGmbH auch die Kosten für eine private Unfallversicherung, eine Lebensversicherung als Bestandteil der betrieblichen Altersversorgung und gewährte zusätzlich noch eine Unterstützungskassenzusage. Das Finanzamt nahm angesichts der dafür aufgewandten konkreten Geldbeträge insgesamt unangemessen hohe Geschäftsführerbezüge an und versagte wegen der damit verbundenen Mittelfehlverwendung und dem Verstoß gegen die Selbstlosigkeit die Gemeinnützigkeit für die betroffenen Jahre. Der BFH bestätigte diese Entscheidung im Wesentlichen.

Ob im Einzelfall unverhältnismäßig hohe Vergütungen anzunehmen sind, ist durch einen sog. Fremdvergleich zu ermitteln. Dabei ist die „Gesamtausstattung“ des Geschäftsführers maßgeblich. Darunter fallen alle Vorteile, die der Gesellschafter-Geschäftsführer im maßgeblichen Veranlagungszeitraum von der Gesellschaft oder von Dritten für deren Rechnung bezieht, also neben Gehältern, Weihnachts- und Urlaubsgeld, Versicherungsbeiträgen auch die Pkw-Nutzung und Pensionszusagen (mit der fiktiven Jahresnettoprämie).

Für die Angemessenheit von Geschäftsführerbezügen gibt es nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung keine festen Regeln. Die obere Grenze für die Angemessenheit der Bezüge ist im Einzelfall durch Schätzung (§ 162 AO) zu ermitteln.

Als Ausgangspunkt eines externen Fremdvergleichs können allgemeine Gehaltsstrukturuntersuchungen für Wirtschaftsunternehmen herangezogen werden, ohne besonderen „Abschlag“ für Geschäftsführer gemeinnütziger Organisationen. Nach der Rechtsprechung sind aber ein Abschlag wegen Mehrfach-Geschäftsführung wie auch ein allgemeiner Sicherheitszuschlag auf den Ausgangswert vorzunehmen. Denn Gehaltsstrukturuntersuchungen stellen nur einen „einigermaßen repräsentativen und verlässlichen Überblick über die gezahlten Geschäftsführergehälter“ dar und schaffen erst unter Berücksichtigung von Zu- und Abschlägen eine hinreichend aussagekräftige Grundlage für die Gehaltsschätzung.

Da sich der Bereich des Angemessenen auf eine Bandbreite erstreckt, sind jedoch nur diejenigen Bezüge als unangemessen zu bewerten, die den oberen Rand dieser Bandbreite um mehr als 20 % übersteigen. Liegt ein unangemessen hohes Geschäftsführergehalt vor, ist unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsprinzips ein Entzug der Gemeinnützigkeit zudem erst dann gerechtfertigt, wenn es sich nicht lediglich um einen geringfügigen Verstoß gegen das Mittelverwendungsgebot handelt.

Hinweis:
Das Urteil ist von weitreichender Bedeutung für die Besteuerung gemeinnütziger Körperschaften, da es die Grundlagen für die Ermittlung von noch zulässigen Geschäftsführerbezügen aufzeigt und diese Grundsätze auch auf andere Geschäftsbeziehungen mit gemeinnützigen Körperschaften (z. B. Miet-, Pacht-, Darlehensverträge) angewendet werden können.