Schenkung eines Kommanditanteils unter Vorbehaltsnießbrauch

Die Begünstigung von Betriebsvermögen nach § 13a ErbStG a.F. im Rahmen einer Schenkung setzt beim Erwerb einer Beteiligung an einer Personengesellschaft voraus, dass der Erwerber Mitunternehmer wird. Diese Anforderung gilt auch, wenn die Übertragung eines Kommanditanteils unter Nießbrauchvorbehalt erfolgt. Sie ist dann nicht erfüllt, wenn sich der Nießbraucher (Altgesellschafter = Schenker) sämtliche Stimm- und Verwaltungsrechte uneingeschränkt und umfassend vorbehält und dies auch für die Grundlagengeschäfte der Gesellschaft gilt.

Eine nur etwas anders gestaltete Situation hat der BFH nun mit Urteil vom 06.11.2019 (Az. II R 34/16) entschieden. Im Rahmen einer unentgeltlichen Übertragung eines Teilkommanditanteils wurde ein lebenslängliches Nießbrauchrecht für den übertragenden Schenker (Kläger) vereinbart (Vorbehaltsnießbrauch). Ihm standen alle Nutzungen und Erträge sowie alle Zahlungen der Gesellschaft an den Gesellschafter zu, andererseits trug er Lasten und Aufwendungen. Weiter erhielt er als Nießbraucher eine lebenslängliche Stimmrechtsvollmacht für die Gesellschafterversammlungen der KG. Der Beschenkte wiederum verpflichtete sich, zu Lebzeiten des Klägers keine Verfügungen über den Gesellschaftsanteil zu treffen; für den Fall des Widerrufs der Vollmacht konnte der Nießbraucher die Schenkung nach seinem Ermessen ganz oder teilweise widerrufen.

Das Finanzamt lehnte die erbschaftsteuerliche Begünstigung ab, da der Erwerber durch den lebenslänglichen Nießbrauchs-, Verwaltungs- und Stimmrechtsvorbehalt des Klägers kein Betriebsvermögen erworben habe. Sowohl die Vorinstanz als auch der BFH sahen dies jedoch anders.

Der Beschenkte ist zivilrechtlich Eigentümer des Kommanditanteils geworden und als solcher regelmäßig auch Mitunternehmer. Soweit ihm auch bei Nießbrauchsvorbehalt ein gewisses Maß an Mitunternehmerrisiko und -initiative verbleibt, kann auch der Eigentümer eines nießbrauchbelasteten Kommanditanteils Mitunternehmer sein.

Im Streitfall war dem Erwerber das Mitunternehmerrisiko zuzurechnen, da er an den stillen Reserven beteiligt war und die Verluste zu tragen hatte. Gleiches galt für die Mitunternehmerinitiative, denn er war an der Ausübung des Stimmrechts nicht gehindert. Die Stimmrechtsvollmacht erlaubte dem Nießbraucher lediglich die Ausübung des Stimmrechts, solange und soweit der Beschenkte damit einverstanden war. Zwar war die Vollmacht auf Lebenszeit erteilt, aber widerruflich. Zudem hinderte sie den Beschenkten als Vollmachtgeber nicht, die Stimmrechte weiterhin selbst auszuüben. Die Bevollmächtigung beließ das Recht bei dem bisherigen Rechtsträger und schuf nur zusätzlich eine weitere Befugnis in der Person des Bevollmächtigten.

Selbst in einem konkreten Konfliktfalle genießt die Stimmrechtsbefugnis des Erwerbers im Innen- und Außenverhältnis Vorrang. Ob er deshalb den Widerruf der Schenkung zu befürchten hat oder sich ggf. gegenüber dem Kläger schadenersatzpflichtig macht, sah der BFH als unerheblich an. Bei der hier vorliegenden Ausgestaltung des Vorbehaltsnießbrauchs stand dieser deshalb einer Mitunternehmerstellung des Beschenkten nicht entgegen.

Hinweise:

Die durch den BFH angewandten Grundsätze gelten auch für die seit 2009 geltende Rechtslage nach § 13b Abs. 1 Nr. 4 ErbStG n.F.

In der Gestaltungspraxis sollten deshalb unbedingt ausgewogene Vereinbarungen über eine gemeinsame Stimmrechtsausübung unter Beachtung des oft unterschiedlichen Interesses des Gesellschafters und Nießbrauchers getroffen werden. Entfällt die Mitunternehmerschaft des Beschenkten, können neben den erbschaftsteuerrechtlichen auch ungünstige ertragsteuerliche Folgen (z.B. eine Betriebsaufgabe) eintreten.

 

Während der II. Senat des BFH mit der besprochenen Entscheidung eine gleichzeitige Mitunternehmerstellung von Nießbraucher und Nießbrauchsverpflichtetem annimmt, stellt der IV. Senat diese mit einigen Entscheidungen (z.B. Urteile vom 22.06.2017, Az. IV R 42/13, und vom 01.03.2018, Az. IV R 15/15) – allerdings zu ertragsteuerlichen Sachverhalten – jedoch zunehmend in Frage. Zuletzt formuliert er im Urteil vom 19.07.2018 (Az. IV R 10/17) ausgehend vom Grundsatz, dass an einem Gesellschaftsanteil nur eine einzige Mitunternehmerschaft begründet werden könne und der Erwerber eines Gesellschaftsanteils nur dann Inhaber der daran bestehenden Mitunternehmerschaft werde, wenn Mitunternehmerinitiative und Mitunternehmerrisiko vollständig auf ihn übergehen.

Nach diesen Kriterien dürfte dann aber eine gleichzeitige Mitunternehmerstellung von Nießbraucher und Nießbrauchsverpflichtetem ausscheiden. Erbschaftsteuerlich stünden dem Nießbraucher dann die Verschonungsregelungen der §§ 13a, 13b ErbStG nicht mehr offen. Diese Auffassung des IV. BFH-Senats erfuhr im Schrifttum erhebliche Kritik und es bleibt abzuwarten, wie sich die einzelnen BFH-Senate oder auch der BFH insgesamt zukünftig ausrichten werden.

Hinweis:

Für die Praxis kann in betroffenen Fällen nur die Einholung einer verbindlichen Auskunft angeraten werden.