BFH stärkt die grunderwerbsteuerliche Begünstigung bei Konzernumstrukturierungen

Mitte Februar 2020 hat der BFH die lang erwarteten Urteile (Az. II R 15/19 u.a.) zur Konzernklausel des Grunderwerbsteuergesetzes veröffentlicht und sich dabei an entscheidenden Stellen deutlich gegen die Auffassung der Finanzverwaltung ausgesprochen.

Nach § 6a GrEStG wird auf den Übergang des Eigentums an Grundstücken, den Übergang von Anteilen bzw. einer wirtschaftlichen Beteiligung an grundbesitzenden Gesellschaften die Grunderwerbsteuer nicht erhoben, wenn es z.B. aufgrund einer Umwandlung oder einer Einbringung zu einem solchen Erwerb kommt. Ferner sind nur solche Rechtsvorgänge begünstigt, an denen ausschließlich ein herrschendes Unternehmen und ein oder mehrere von diesem herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaften beteiligt sind und das herrschende Unternehmen innerhalb von 5 Jahren vor dem Rechtsvorgang und 5 Jahre nach dem Rechtsvorgang unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 95% ununterbrochen beteiligt ist. Die Finanzverwaltung legte die Regelung bislang sehr restriktiv aus. Sie ging dabei davon aus, dass vor und nach der Verschmelzung ein „Verbund“ bestehen muss und dass die Konzernregelung nur Anwendung findet, wenn an der Spitze des Konzerns ein Unternehmer im umsatzsteuerlichen Sinne steht. Zudem legte sie die Vor- und Nachbehaltensfristen sehr eng aus.

Der BFH beurteilte die Vorstellung des „Verbundes“ demgegenüber als in Wortlaut, Systematik oder Gesetzesmaterialien „weder begrifflich noch konzeptionell angelegt“. Zwar fielen nach dem Wortlaut des § 6a S. 3 und 4 GrEStG Umwandlungsvorgänge, bei denen eine beteiligte Gesellschaft erlischt oder neu entsteht, nicht in den Anwendungsbereich der Vorschrift. Doch führt die Auslegung der Finanzverwaltung nach Auffassung des BFH zu einer zu weit gehenden Einschränkung des Anwendungsbereichs der Vorschrift. Sinn und Zweck der Regelung, Umstrukturierungen im Konzern zu erleichtern, würden dadurch verfehlt. Gerade diejenigen Vorgänge, die in der Praxis häufig vorkommen, würden von der Anwendung ausgeschlossen. Damit hat der BFH die bisherige Konstruktion des „Verbundes“ zurückgewiesen.

Die in § 6a GrEStG vorausgesetzte Unternehmereigenschaft ist nach den Urteilen des BFH bereits dann erfüllt, wenn der maßgebende Rechtsträger eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt. Damit können sowohl Einzelunternehmen, Personen- und Kapitalgesellschaften als auch natürliche und andere juristische Personen herrschendes Unternehmen sein. Auf die Unternehmereigenschaft im umsatzsteuerlichen Sinne kommt es somit nicht an.

Ebenso hat der BFH die enge Auslegung der Behaltensfristen durch die Finanzverwaltung in weiten Teilen verworfen. Die Vorbehaltensfrist ist in Bezug auf einen aufnehmenden Rechtsträger nur dann einzuhalten, wenn dies rechtlich möglich ist. Das ist dann nicht der Fall, wenn der Rechtsträger durch die Umwandlung erst entsteht, z.B. in Fällen der Ausgliederung oder Abspaltung zur Neugründung. Analog dazu findet die Nachbehaltensfrist dann keine Anwendung, wenn der Rechtsträger durch die Transaktion, z.B. im Zuge einer Verschmelzung, erlischt und sie daher aus Rechtsgründen nicht eingehalten werden kann.

Hinweis:

Der BFH hat mit seinen Urteilen bei weitgehender Ablehnung der bislang sehr restriktiven Auffassung der Finanzverwaltung die Anwendbarkeit des § 6a GrEStG praktisch deutlich erweitert. Damit dürften sich auch die Gestaltungsmöglichkeiten über § 6a GrEStG bei Umstrukturierungen in Unternehmensgruppen enorm erweitern. Wie die Finanzverwaltung mit den Urteilen umgehen wird, bleibt abzuwarten.