Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts

Das Bundeskabinett verabschiedete am 24. März 2021 den erst am 19. März 2021 vom BMF den Verbänden zur Stellungnahme überlassenen Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts. Neben der namensbestimmenden Einführung des sog. „Optionsmodells“ für Personenhandels- oder Partnerschaftsgesellschaften, sich wie eine Kapitalgesellschaft besteuern zu lassen, enthält der Entwurf den Wegfall des Abzugsverbots für Gewinnminderungen aus Währungskursschwankungen im Zusammenhang mit Gesellschafterdarlehen, die Einführung der sog. Einlagelösung bei organschaftlichen Mehr- oder Minderabführungen sowie Regelungen zur Globalisierung des Umwandlungssteuerrechts für Körperschaften.

  1. Option zur Körperschaftsteuer
  • 1a KStG-E soll die zentrale Norm für das sog. „Optionsmodell“ zur Körperschaftsbesteuerung werden. Die die Option ausübende Gesellschaften zählen für ertragsteuerliche Zwecke dann zu den unbeschränkt Körperschaftsteuerpflichtigen gem. § 1 KStG. Das soll wohl erstmals für den Veranlagungszeitraum 2022 gelten.

Antrag zur Körperschaftsbesteuerung

Zur Ausübung der Option hat die Personenhandels- oder Partnerschaftsgesellschaft nach § 1a Abs. 1 KStG-E beim zuständigen Finanzamt einen grds. unwiderruflichen Antrag für Zwecke der Besteuerung nach dem Einkommen zu stellen. Der Antrag ist vor Beginn des Wirtschaftsjahres zu stellen, ab dem die Option, also die Besteuerung als Kapitalgesellschaft, gelten soll.

Da der Antrag die Besteuerung aller Gesellschafter betrifft, ist unter Verweis auf § 217 Abs. 1 UmwG zwar eine Mehrheitsentscheidung ausreichend, diese muss jedoch mind. ¾ der abgegebenen Stimmen betragen.

Die Option ändert nichts daran, dass die Gesellschaft zivilrechtlich eine Personengesellschaft ist. Besondere nur für Kapitalgesellschaften anwendbare Vorschriften, z. B. sich auf das Nennkapital beziehende Regelungen wie § 28 KStG, greifen deshalb trotz Option nicht.

Für Investmentfonds ist die Option nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich.

 

Übergang zur Körperschaftsbesteuerung

Der Übergang zur Körperschaftsbesteuerung infolge der Option gilt gemäß § 1a Abs. 2 KStG-E als Formwechsel, auf den insbesondere die bestehenden Regelungen des § 25 i.V.m. den §§ 20 ff. UmwStG entsprechend anzuwenden sind. Als Zeitpunkt des Formwechsels gilt das Ende des Wirtschaftsjahres, welches dem „Optionsjahr“ unmittelbar vorangeht; die Möglichkeit einer Umwandlung mit steuerlicher Rückwirkung ist nicht vorgesehen. Das steuerbilanzielle Eigenkapital der Personengesellschaft wird als steuerliches Einlagekonto der Kapitalgesellschaft erfasst. Insoweit sind vor einer Option die individuelle Situation der Gesellschafterkonten genau zu prüfen und steuerliche Folgen beim Übergang sowie in der nachfolgenden Zeit zutreffend abzuschätzen.

Zudem führt die Option damit – wie bei einer echten Umwandlung – auch zu einer Nachversteuerung des nachversteuerungspflichtigen Betrages nach § 34a EStG.

Auf eine optierende Gesellschaft findet § 4 Abs. 3 EStG keine Anwendung. Daher ist der Gewinn einer optierenden Gesellschaft unabhängig davon, ob handels- und gesellschaftsrechtlich eine Buchführungspflicht besteht, stets durch Bestandsvergleich zu ermitteln. Dadurch wird sichergestellt, dass alle optierenden Gesellschaften auch insoweit wie Kapitalgesellschaften behandelt werden.

Rechtsfolgen der Option auf Ebene des Gesellschafters

Mit dem Antrag werden die Gesellschafter der Antragstellerin wie die nicht persönlich haftenden Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft behandelt. Die Beteiligung an der optierenden Gesellschaft gilt also als Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft. Bei Ausübung der Option gem. § 1a Abs. 3 KStG-E ergeben sich auf Gesellschafterebene die entsprechenden Rechtsfolgen. So werden z. B.

  • Einnahmen, die der Gesellschafter für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft bezieht, zu Einkünften i.S.d. § 19 EStG mit Anwendung des Lohnsteuerabzugs,
  • durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste Einnahmen zu Kapitaleinkünften i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG, die grundsätzlich auch dem Kapitalertragsteuerabzug unterliegen,
  • Einnahmen aus der Hingabe von Darlehen zu Kapitaleinkünften i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 oder Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG und
  • Einnahmen aus der Überlassung von Wirtschaftsgütern zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung i.S.d. § 21 oder § 22 EStG.

Die Grundsätze einer Betriebsaufspaltung oder von verdeckten Gewinnausschüttungen bei überhöhten Vergütungen sind allerdings auch bei optierenden Gesellschaften vorrangig anzuwenden.

Wie bei einer Körperschaft soll auch den optierenden Gesellschaften die steuerlich anzuerkennende Thesaurierung von Gewinnen ermöglicht werden. Daher gelten Gewinnanteile lt. Handelsbilanz, die noch nicht entnommen wurden und deren Auszahlung nicht verlangt werden kann, nicht als ausgeschüttet. Sie unterliegen somit noch nicht der Kapitalertragsteuer und gelten auch noch nicht als dem Gesellschafter nach § 11 Abs. 1 EStG zugeflossen.

Rückkehr zur transparenten Besteuerung

  • 1a Abs. 4 KStG-E eröffnet der Gesellschaft die Möglichkeit einer Rückkehr zur Besteuerung als Personengesellschaft, sog. Rückoption. Zeitlich muss der Antrag gleichermaßen vor Beginn des Wirtschaftsjahres erfolgen, ab dem die Besteuerung wieder nach dem Transparenzprinzip erfolgen soll. Die Rückoption gilt wiederum als Formwechsel gem. § 9 UmwStG und kann so ebenfalls nicht rückwirkend erfolgen.

Die Folgen der Rückoption treten auch ohne Antrag ein, wenn die Voraussetzungen der ursprünglichen Option entfallen; dies kann insbesondere der Fall sein, wenn sich die Personenhandelsgesellschaft in eine GbR umwandelt oder im Geschäftsleitungsstaat keine Körperschaftsteuerpflicht mehr besteht. Insoweit sind also auch ausländische Entwicklungen zu berücksichtigen.

Scheidet der vorletzte Gesellschafter aus der optierenden Gesellschaft aus, ist zu unterscheiden: im Fall einer Körperschaft als letztem verbleibenden Gesellschafter wird sie auf diese umgewandelt; anderenfalls erfolgt eine Liquidation entsprechend § 11 KStG.

Aus den bisherigen Gesetzesunterlagen ist nicht eindeutig erkennbar, ob die Rückoption nach den geltenden umwandlungssteuerrechtlichen Regelungen (§ 22 UmwStG) die vom ersten Formwechsel grundsätzlich ausgelöste Sperrfrist verletzen kann. Insoweit bleibt das weitere Gesetzgebungsverfahren im Auge zu behalten.

Gewerbesteuer

  • 2 Abs. 8 GewStG-E erstreckt die Rechtsfolgen der Option auf die Gewerbesteuer. Auch insofern sind die optierende Gesellschaft als Kapitalgesellschaft und ihre Gesellschafter wie die nicht persönlich haftenden Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft zu behandeln.

Anmerkung: Keine Reform der Thesaurierungsbegünstigung

Die im Zusammenhang mit der Einführung des „Optionsmodells“ vormals diskutierte Reform der Thesaurierungsbegünstigung nach § 34a EStG wird im derzeitigen Entwurf nicht umgesetzt. Für nicht optierende Personenhandelsgesellschaften sind insoweit keine Erleichterungen absehbar.

  1. Fremdwährungsverluste bei § 8b KStG

Währungskursgewinne eines Gesellschafters, die dieser aus der Rückzahlung eines Fremdwährungsdarlehens realisiert, sind grundsätzlich steuerpflichtig. Andererseits sind bestimmte Gewinnminderungen gemäß § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG bei der Ermittlung des Einkommens nicht zu berücksichtigen. Darunter fallen auch Währungskursverluste im Zusammenhang mit Darlehensforderungen eines Gesellschafters oder der Inanspruchnahme von Sicherheiten für Darlehensforderungen bzw. wirtschaftlich vergleichbaren Rechtshandlungen.

Durch die Gesetzesänderung werden Währungskursverluste vom Abzugsverbot des § 8b Abs. 3 Satz 4 und 5 KStG ausgenommen. Dadurch wirken sich nunmehr Gewinne und Verluste aufgrund von Währungskursschwankungen im Zusammenhang mit Gesellschafterdarlehen bzw. Inanspruchnahmen von Sicherheiten für Darlehensforderungen gleichermaßen bei der Ermittlung des steuerlichen Einkommens aus. Das Gleiche soll für Wechselkursverluste gelten, die bei nahestehenden Personen des Gesellschafters entstehen, sowie für Wechselkursverluste im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme durch sog. rückgriffsberechtigte Dritte.

Die Neuregelung soll erstmals für Gewinnminderungen anzuwenden sein, die nach dem 31.12.2021 eintreten.

  1. Einlagelösung als Ersatz für organschaftliche Ausgleichsposten

Bei Minder- oder Mehrabführungen im Zuge körperschaftsteuerlicher Organschaften sind nach derzeit geltender Gesetzesfassung (§ 14 Abs. 4 KStG) in der Steuerbilanz des Organträgers besondere aktive oder passive Ausgleichsposten in Höhe des Betrags zu bilden, der dem Verhältnis der Beteiligung des Organträgers am Nennkapital der Organgesellschaft entspricht. In der Praxis ergaben sich hieraus vielfältige Schwierigkeiten. Mit dem Gesetzentwurf soll nun für organschaftliche Minder- oder Mehrabführungen eine Systemumstellung vorgenommen werden und an die Stelle des bisherigen Konzepts der organschaftlichen Ausgleichsposten die so genannte Einlagelösung treten.

Neufassung des § 14 Abs. 4 KStG

Künftig sollen organschaftliche Mehrabführungen als Einlagenrückgewähr an den Organträger und Minderabführungen als Einlage in die Organgesellschaft gelten. Damit mindern bzw. erhöhen sie unmittelbar den Wert der Beteiligung in der Steuerbilanz des Organträgers. Unverändert sollen Minder- oder Mehrabführungen insbesondere dann vorliegen, wenn der an den Organträger abgeführte handelsbilanzielle Gewinn vom Steuerbilanzgewinn der Organgesellschaft abweicht und diese Abweichung in organschaftlicher Zeit verursacht ist. Organschaftliche Minder- und Mehrabführungen sollen dabei als in dem Zeitpunkt erfolgt gelten, in dem das Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft endet.

Während bisher organschaftliche Ausgleichsposten anteilig nach der Beteiligungsquote zu bilden waren, sollen Minder- bzw. Mehrabführungen in voller Höhe Einlage bzw. Einlagenrückgewähr bedeuten.

Für organschaftliche Mehrabführungen legt die Neuregelung des § 27 Abs. 1 Satz 3 KStG-E einen Direktzugriff auf das steuerliche Einlagekonto fest. Anders als in vororganschaftlicher Zeit verursachte Mehrabführungen stellen organschaftliche Mehrabführungen daher grundsätzlich keine Beteiligungserträge dar. Zudem sollen organschaftliche Mehrabführungen das steuerliche Einlagekonto vorrangig vor anderen Leistungen mindern.

Anwendungs- und Übergangsvorschriften (§ 34 KStG)

Das neue System der Einlagenlösung soll erstmals auf Minder- und Mehrabführungen anzuwenden sein, die nach dem 31.12.2021 erfolgen. Dabei ist hinsichtlich des Zeitpunkts der Minder- und Mehrabführungen auf das Ende des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft abzustellen.

Beim Organträger bisher gebildete und noch bestehende Ausgleichsposten für organschaftliche Minder- und Mehrabführungen sollen in dem Wirtschaftsjahr aufzulösen sein, das nach dem 31.12.2021 endet. Die Auflösung aktiver Ausgleichsposten führt zu einer Erhöhung, diejenige passiver Ausgleichsposten zu einer Minderung des Beteiligungsbuchwerts der Organbeteiligung in der Steuerbilanz des Organträgers.

Soweit ein passiver Ausgleichsposten die Summe aus dem aktiven Ausgleichsposten und dem Buchwert der Beteiligung des Organträgers an der Organgesellschaft übersteigt, ergibt sich ein Beteiligungsertrag, der dem Teileinkünfteverfahren oder der Freistellung nach § 8b KStG unterliegt.

Wahlrecht zur Bildung einer gewinnmindernden Rücklage

Zur Vermeidung einer unmittelbar vollständigen Gewinnauswirkung kann ein im Zuge der Umstellung auf die Einlagelösung entstehender Beteiligungsertrag alternativ in eine gewinnmindernde Rücklage eingestellt werden. Die Rücklage ist dann grundsätzlich im Wirtschaftsjahr der Bildung und in den neun folgenden Wirtschaftsjahren zu jeweils einem Zehntel gewinnerhöhend aufzulösen. Wird die Beteiligung des Organträgers an der Organgesellschaft veräußert, ist die Rücklage in vollem Umfang gewinnerhöhend aufzulösen. Der Veräußerung stehen insoweit insbesondere die Umwandlung der Organgesellschaft auf eine Personengesellschaft oder eine natürliche Person, die verdeckte Einlage der Beteiligung an der Organgesellschaft und die Auflösung der Organgesellschaft gleich. Auf den Auflösungsbetrag sind ebenfalls das Teileinkünfteverfahren sowie § 8b KStG anzuwenden.

  1. Internationalisierung des Umwandlungssteuerrechts

Der persönliche Anwendungsbereich des UmwStG soll zum Teil auf Drittstaatenfälle erweitert werden. Dies betrifft Umwandlungen unter Beteiligungen von Körperschaften als übertragendem Rechtsträger. Hierzu entfällt der bisherige § 1 Abs. 2 UmwStG; § 12 Abs. 2 und 3 KStG wird ins UmwStG integriert und § 8 Abs. 1 Nr. 10 AStG wird infolge der Änderungen des persönlichen Anwendungsbereichs in § 1 UmwStG angepasst.

Zukünftig können Umwandlungen nach dem Zweiten bis Fünften Teil des UmwStG in räumlicher Hinsicht nicht nur in EU/EWR-, sondern auch in Drittstaatenfällen erfolgen. Dies betrifft

  • die Verschmelzung einer Kapitalgesellschaft auf eine Personengesellschaft bzw. natürliche Person,
  • den Formwechsel einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft,
  • die Verschmelzung oder Spaltung unter Kapitalgesellschaften oder
  • die Auf- oder Abspaltung auf eine Personengesellschaft.

Der sachliche Anwendungsbereich (§ 1 Abs. 1 UmwStG) bleibt dabei unverändert. Eine Vergleichbarkeit mit einer inländischen Umwandlung i.S.d. UmwG ist weiterhin erforderlich.

Von der Erweiterung des persönlichen Anwendungsbereichs auf Drittstaatenfälle ist der Sechste bis Achte Teil des UmwStG (§§ 20 bis 25 UmwStG) nicht erfasst. Hier soll die derzeit in § 1 Abs. 4 UmwStG enthaltene Beschränkung des persönlichen Anwendungsbereichs unverändert bestehen bleiben.

Die Änderungen im UmwStG sind erstmals auf Umwandlungen anzuwenden, deren steuerlicher Übertragungsstichtag nach dem 31.12.2021 liegt.